Die Diskussionen über Sanktionen gegen den Aggressor Russland haben schon kurz nach dem Überfall auf die Ukraine vor Augen geführt, in was für eine fatale Abhängigkeit sich Deutschland gegenüber russischen Gaslieferungen begeben hatte. Auch wenn der vergangene Winter ohne Engpässe überstanden werden konnte, ist die Gefahr noch nicht vorbei. Professor Markus Vogt, Sozialethiker an der LMU München und Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirates von Ordo socialis, und Sebastian Kistler schreiben darüber, wie der Krieg einen energiepolitischen Paradigmenwechsel herbeigeführt hat und wie die neue Ära in der Energiepolitik aussehen sollte. Auch friedens- und sicherheitspolitisch stellt der Ukrainekrieg eine Zeitenwende dar. Professor Peter Schallenberg, Moraltheologe an der Theologischen Fakultät in Paderborn, und Stefan Gaßmann nehmen den 60. Jahrestag des Erscheinens der Enzyklika Pacem in terris zum Anlass, zu fragen, was die damalige Friedensbotschaft von Papst Paul VI. uns heute zu sagen hat und wie sie fortgeschrieben werden könnte.
Aktuelles
(English) The ethical dilemma of lethal autonomous weapon systems
Deutsch-koreanische Veranstaltung zu Toleranz in demokratischen Gesellschaften
Toleranz ist ein Zentralwert jeder liberalen politischen Kultur. Was in demokratischen Ländern wie Südkorea und Deutschland wie eine Selbstverständlichkeit klingt, ist es in der Realität vielfach jedoch bei weitem nicht und wird es auch nie ganz sein. Toleranz ist und bleibt eine Herausforderung.
Bei einer besonders an junge Menschen gerichteten Seminarveranstaltung in Seoul zusammen mit der Society 451 und der Korea Public Debate Promotion Agency (PDPA) wurde am 8. Juli die Bedeutung der Toleranz in demokratischen Gesellschaften im Dialog mit koreanischen Politikern ausgelotet. Von Ordo socialis nahmen der Sprecher des Wissenschaftlichen Beirats Prof. Dr. Markus Vogt (zugeschaltet per Zoom) sowie der Generalsekretär Lars Schäfers vor Ort mit eigenen Vorträgen teil.
Nach der Eröffnung durch Lee Yeong Seo seitens der Society 451 und Park Geon Hyung von der PDPA hat Lars Schäfers in seinem Vortrag aus christlich-sozialethischer Sicht grundlegende politische-ethische Überlegungen zur Tugend der Toleranz unter Bezugnahme auf die Demokratie-, Toleranz- und Diskurstheorie des berühmten und auch in Südkorea sehr geschätzten Philosophen Jürgen Habermas entfaltet. In Auseinandersetzung mit dessen Kerngedanken hat er dabei Chancen und Gefahren für den politischen Diskurs gerade auch angesichts der zunehmenden Bedeutung digitaler und sozialer Medien für die demokratische Deliberation in den heutigen Mediengesellschaften aufgezeigt.
Prof. Dr. Markus Vogt hat in seinem Impulsvortrag einen Überblick über aktuelle weltweite Entwicklungen verschafft, die einen Vertrauensverlust in die Demokratie und den Wert der Freiheit sowie ein neues Erstarken nationalistischen Gedankengutes bezeugen. Aus christlich-sozialethischer Sicht hat er vor diesem Problemhorizont auf die Bedeutung proaktiver Toleranz verwiesen, wie sie im Rahmen einer mehrjährigen Projektarbeit in der Ukraine als eine dem Frieden dienende Schlüsseltugend demokratischer Gesellschaften konzeptionalisiert wurde.
Im Anschluss stellte Park Geon Hyung seine Gedanken zu den Möglichkeiten der Stärkung des zivilgesellschaftlichen Diskurses in Korea vor, die er bereits in dem gemeinsamen OS Working Paper entfaltet hatte.
Anschließend folgte die Diskussion des Themas sowie der Vorträge. Besonders erfreulich war die Teilnahme mehrerer Vertreter aus der Politik: Park Dami (Acting Chairman des Gangnam Regional Committee), Park Seongho (Chairman des Korean Youth Committee), Choi Tae seok (Chairman des Gyeonggi Provincial Youth Policy Coordination Committee) und Seon David (Youth Vice-Spokesman der Democratic Party). Dadurch konnten in dem Austausch Theorie und Praxis nicht zuletzt mit Blick auf aktuelle politische Herausforderungen in Südkorea zusammengebracht werden und die jungen Teilnehmer erhielten überdies die Möglichkeit, mit ihren politischen Vertretern ins Gespräch zu kommen.
Ordo socialis hat in Form eines Memorandum Of Unterstanding eine Zusammenarbeit mit der Society 451 und der PDPA bei der Organisation von weiteren Aktivitäten vereinbart, sodass dies sicherlich nicht die letzte gemeinsame Veranstaltung gewesen ist.
— English —
German-Korean event on tolerance in democratic societies
Tolerance is a central value of any liberal political culture. What sounds like a matter of course in democratic countries like South Korea and Germany, however, is far from being so in the reality of those countries, and never quite will be. Tolerance is and remains a challenge.
At a seminar event in Seoul on July 8th, especially aimed at young people, together with Society 451 and the Korea Public Debate Promotion Agency (PDPA), the importance of tolerance in democratic societies was explored in dialogue with Korean politicians. From Ordo socialis, the speaker of the Scientific Advisory Council, Prof. Dr. Markus Vogt, as well as the Secretary General Lars Schäfers participated with their own presentations.
After the opening by Lee Yeong Seo from Society 451 and Park Geon Hyeong from PDPA, Lars Schäfers developed in his lecture from a Christian-social-ethical point of view fundamental political-ethical considerations on the virtue of tolerance with reference to the theory of democracy, tolerance and discourse of the famous philosopher Jürgen Habermas, who is also highly esteemed in South Korea. In his discussion of Habermas‘ core ideas, he highlighted the opportunities and dangers for political discourse, particularly in view of the increasing importance of digital and social media for democratic deliberation in today’s media societies.
In his lecture, Prof. Dr. Markus Vogt presented an overview of current global developments that testify to a loss of confidence in democracy and the value of freedom, as well as a new rise in nationalist ideas. From the perspective of Christian social ethics, he pointed out the importance of proactive tolerance, as it was conceptualized as a key virtue of democratic societies serving peace in the context of a project work in Ukraine over several years.
Park Geon Hyeong then presented his thoughts on the possibilities of strengthening civil society discourse in Korea, which he had already unfolded in the joint OS Working Paper.
This was followed by a discussion of the topic as well as the presentations. The participation of several representatives from politics, Park Da-mi (Acting Chairman of the Gangnam Regional Committee), Park Seongho (Chairman of Korean Youth Committee), Choi Tae seok (Chairman of the Gyeonggi Provincial Youth Policy Coordination Committee) and Seon David (Youth Vice-Spokesman of Democratic Party) was particularly gratifying. This enabled theory and practice to be brought together, not least with a view to current political challenges in South Korea, and the young participants also had the opportunity to talk to their political representatives.
Ordo socialis has agreed in the form of a Memorandum Of Unterstanding to cooperate with Society 451 and PDPA in the organization of further activities, so this will certainly not be the last joint event.
Karl-Josef Laumann erhält den Ordo-socialis-Preis 2023
Ordo socialis verleiht in der Regel alle zwei Jahre den Ordo-socialis-Preis, mit dem Persönlichkeiten ausgezeichnet werden, die sich durch ihr Wirken für die Verbreitung und Verwirklichung wichtiger Themen der christlichen Soziallehre einsetzen oder eingesetzt haben. Im Rahmen eines Festaktes am 6. Juni 2023 im Maxhaus – Katholischen Stadthaus Düsseldorf hat Ordo socialis in diesem Jahr Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, für sein persönliches politisches Engagement für eine gerechte Gesellschaft aus christlicher Verantwortung mit dem Preis ausgezeichnet.
In seiner Begrüßung betont der Vorsitzende von Ordo socialis, Prof. Dr. Ralph Bergold: „Wir als Christinnen und Christen dürfen nicht nachlassen, uns für eine sozialere, gerechtere, menschenfreundlichere Welt und Gesellschaft einzusetzen und damit auch Zeichen des Mutes und der Hoffnung in einer pluralen, schnelllebigen, krisengeschüttelten und lebensbedrohten Welt zu setzen.“
Dr. Franz-Josef Overbeck, Bischof von Essen und Kath. Militärbischof für die Deutsche Bundeswehr, greift in seiner Laudatio das Selbstverständnis des Preisträgers auf, sich in der Politik als „Schutzmacht der kleinen Leute“ einzusetzen. Das, so Overbeck an den Preisträger gerichtet, „ist für Sie der Ausdruck einer Selbstverpflichtung, immer entschieden dafür einzutreten, dass Menschen ein gutes und gerechtes Leben in Freiheit führen können. Dabei stehen Sie stets fest auf dem Boden der christlichen Soziallehre, die Ihnen als Prinzipienethik mit einem starken Menschenbild ein verbindlicher politischer Kompass ist. Diese orientierte Gewissheit hat sich durchgängig in Ihrem politischen Handeln widergespiegelt.“
Karl-Josef Laumann zeigte sich sehr dankbar für die Auszeichnung und versteht sie insgesamt als eine Würdigung einer aus christlich-sozialem Geist gestalteten Politik in heutiger Zeit. Für eine solche setzt er sich auf Basis seines katholischen Glaubens, in dem er tief verankert ist, seit Jahrzehnten ein: „Der Glaube ist die Grundlage für meine politische Arbeit. Meine ganze Denke ist nach meinem Glauben gestrickt. Die christlichen Werte wie die Würde des Menschen, dass der Mensch ein freies Wesen ist, dass es die Werte wie Solidarität und Subsidiarität gibt, die ganze christliche Soziallehre, all das habe ich durch meine katholische Sozialisierung verinnerlicht. Das sind alles Dinge, die mit meiner politischen Arbeit zusammenhängen.“
Der Christdemokrat entfaltete dementsprechend in seiner Rede sein Verständnis von Politik aus christlicher Verantwortung und auf der Basis der katholischen Soziallehre. Der Preisträger betonte nicht zuletzt die große Bedeutung, die er den Kirchen für die Gesellschaft beimisst: „Ich glaube, dass unsere Gesellschaft am Ende sehr, sehr viel ärmer wäre, wenn es keine starken Kirchen mehr gäbe.“
Erstes Transatlantisches Forum zur Sozialethik
Vom 27. bis 29. März 2023 fand im Katholisch-Sozialen Institut (KSI) in Siegburg das erste Transatlantische Forum zur Sozialethik im Rahmen des Projektes Transatlantischer Dialog zur christlichen Sozialethik statt. Die Veranstaltung wurde auf deutscher Seite getragen von Ordo socialis, dem KSI, der Katholischen Sozialwissenschaftlichen Zentralstelle (KSZ) und der Konrad-Adenauer-Stiftung sowie auf amerikanischer Seite vom Chicagoer Lumen Christi Institute.
Das Ziel dieser Veranstaltung war es, ein Forum für einen Austausch zwischen deutschen und US-amerikanischen Theologinnen und Theologen sowie Sozialwissenschaftlerinnen und Sozialwissenschaftlern zu christlich-sozialethischen Fragen zu initiieren. Damit soll ein kleiner Beitrag zur Wiederbelebung eines gesamtgesellschaftlichen transatlantischen Dialogs auf Augenhöhe geleistet werden. Mit Blick auf Theologie und Kirche geht es in dem Projekt darum, einen stärkeren Austausch zwischen den auf beiden Seiten des Atlantiks geführten christlich-sozialethischen Diskursen herbeizuführen.
In insgesamt drei Sessions ging es dabei um die Themen, was einen solidarischen Staat ausmacht, was Solidarität als Prinzip der Katholischen Soziallehre heute bedeuten und welche Rolle Solidarität in einer freien Marktwirtschaft spielen kann. Die Sessions starteten mit einer oder zwei kurzen Keynotes, worauf jeweils Diskussionen folgten.
Verleihung des Ordo socialis Preises an Karl-Josef Laumann
Ordo socialis verleiht regelmäßig den Ordo Socialis Preis, mit dem Persönlichkeiten ausgezeichnet werden, die sich durch ihr Wirken für die Verbreitung und Verwirklichung wichtiger Themen der christlichen Soziallehre einsetzen oder eingesetzt haben. Dazu können herausragende sozialwissenschaftliche Arbeiten, ein vorbildhaftes soziales Engagement, ein Lebenswerk und der selbstlose Einsatz für die soziale Gerechtigkeit gehören. Der Preis besteht aus einer Medaille und einer Urkunde und wird alle zwei Jahre in einer öffentlichen Veranstaltung vergeben.
Im Jahr 2023 wird Karl Josef Laumann, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen für sein persönliches politisches Engagement für eine gerechte Gesellschaft aus christlicher Verantwortung ausgezeichnet.
Der Festakt zur Verleihung des Ordo Socialis Preises findet statt am
Dienstag, den 6. Juni 2023
17:00 Uhr
Maxhaus –Katholisches Stadthaus Düsseldorf
Schulstraße 11
40213 Düsseldorf
Um Anmeldung wird gebeten bei Herrn Lars Schäfers, Generalsekretär von Ordo socialis, per E Mail: gf@ordosocialis.de