Vor einem Jahr hat die Heilige Synode des Ökumenischen Patriarchats einen Text approbiert, der von einer Kommission orthodoxer Theologen erarbeitet worden ist und den Titel trägt: „Für das Leben der Welt. Auf dem Weg zu einem Sozialethos der Orthodoxen Kirche“. Zwar stellt diese Erklärung kein der katholischen Tradition vergleichbares Dokument einer kirchlichen Soziallehre dar, aber durch die kirchliche Approbation kommen ihr Gewicht und Autorität zu. Erzpriester Stefanos Athanasiou, Dozent für Orthodoxe Theologie und Ethik an der Theologischen Fakultät der Universität Fribourg, ordnet den Text sowohl in seiner theologischen als auch gesellschaftlichen und politischen Bedeutung ein. Aus seiner Sicht macht das Ökumenische Patriarchat mit der Erklärung deutlich, dass sie die Orthodoxie nicht mehr bloß als „Ostkirche“ verstanden sehen will, sondern dass sie sich den „westlichen“ Werten von Freiheit, Gerechtigkeit und Menschenrechten verpflichtet fühlt und sie aus der eigenen theologischen Tradition heraus begründen möchte.