Von zeitgenössischen Tierrechtsaktivisten und Tierethikern wird bisweilen unterstellt, dass das Christentum mit einer übertriebenen Anthropozentrik die kulturelle Basis für die Ausbeutung der Tiere gelegt habe. Dr. Daniel Munteanu, Professor für Systematische Theologie und Ethik an der Fakultät für Orthodoxe Theologie der Valahia Universität von Targoviste in Rumänien sowie Privatdozent am Institut für Evangelische Theologie in Bamberg, setzt sich in zwei Aufsätzen differenziert mit dieser These auseinander und entwickelt dabei Ansätze zu einer dezidiert theologischen Tierethik.
In seinem ersten Artikel setzt sich Professor Munteanu mit wichtigen philosophischen Konzepten der Tierethik auseinander und diskutiert deren Vorzüge und Defizite aus der Perspektive eines christlichen Humanismus. Im Anschluss daran entfaltet er ein facettenreiches Bild schöpfungstheologischer, christologischer und eschatologischer Ansatzpunkte für eine Tierethik. Dabei nimmt er auch Bezug auf Motive aus der orthodoxen Spiritualität und Ikonographie.
Der zweite Aufsatz setzt sich kritisch mit jener theologischen Tradition auseinander, die unter dem Einfluss der griechischen Philosophie tatsächlich zu einer einseitigen Gewichtung der Rationalität des Menschen geführt hat, wodurch – im Gegensatz zur biblischen Tradition – nicht nur die Tiere ihre Seele, sondern die Menschen auch ihr verloren haben. Eine der wichtigsten Aufgaben der heutigen Theologie sieht Professor Munteanu darin, die „Anthropologie der Herrschaft und der Gewalt“ durch eine „Anthropologie der Gemeinschaft“ mit den Tieren und der ganzen Umwelt zu ersetzen.
